Ziel dieser Meditation ist es, nicht meditieren zu wollen. Wozu soll das gut sein, magst du dich fragen?
Mit Hilfe des kleinen Tricks, nicht meditieren zu wollen, können wir in ein reines Spüren kommen und die sogenannte Stille, eine mystische Erfahrung, wahrnehmen.
Setz dich hierfür an einen Platz, bleib regungslos und lasse Atem und Geist einfach selbstständig arbeiten. Du bleibst einfach nur sitzen, das ist die einzige Aufgabe. Dabei versuchst du, NICHT zu meditieren. Bleibe so für ca. 10 Minuten.
Hintergrund:
Vielleicht ist dir schonmal aufgefallen, dass es viele verschiedene Meditationen gibt? Einige stelle ich dir hier vor, wobei sie nur rudimentär und stark vereinfacht beschrieben sind.
- Geführte Fantasiereisen: Hier stellt man sich etwas vor. Der Geist wird dabei auf die Geschichte gelenkt und durch die Imagination verändert sich das Körpergefühl. Danach fühlt man sich meist entspannt, weil man zum einen nicht aktiv etwas tun muss und zum anderen, weil der Geist nicht mit seinen üblichen Themen beschäftigt ist, da er ja an der Geschichte haftet. Doch in das Spüren der Stille kommt man hier nicht.
- Analytische Meditationen: Der Geist wird zunächst mittels verschiedener Techniken fokussiert. Dann konzentriert er sich auf ein bestimmtes Thema.
- Kontemplation: Diese aus der christlichen Mystik stammende Form der Meditation führt in die Versenkung und das Eins-Werden mit dem, was auch Gott genannt wird. Dabei wird aber immer noch das Ich wahrgenommen, welches einem Du, in dem Fall Gott, gegenüber steht. Mit der Zeit verschmelzen beide immer mehr und das Ich löst sich in Gott auf, bleibt aber nur ein Teil hiervon und ist nicht gleichzusetzen mit dem Göttlichen, welches unerfassbar größer ist.
- Tantra-Meditation: Aus dem tibetischen Buddhismus stammende Meditation, bei der zunächst Mandalas oder Buddhas visualisiert werden, um damit zu verschmelzen und diese am Ende wieder aufzulösen. Hier wird am Ende durch das Auflösen möglicherweise die Stille wahrnehmbar.
- Zen-Meditation: Hilfsmittel wie Atemzählen oder Atemwahrnehmung führen zu einer Sammlung des Geistes. Mit der Zeit wird immer weniger gemacht. Von der fokussierten Punktmeditation kommt der Meditierende zu einem offenen Gewahrsein, in dem er sein Ich und das Gefühl für Körpergrenzen ganz auflöst. Die Stille wird ähnlich wie in der Kontemplation wahrgenommen, nur dass hier kein Ich einem Du gegenübersteht, sondern eher Unbeschreibbares erlebt wird.
- Achtsamkeitsmeditation: Die Sinne werden im Außen verankert und die Umgebung wird sehr intensiv im Hier und Jetzt wahrgenommen, ohne allerdings zu analysieren oder zu werten. Das reine Spüren in der Stille steht im Vordergrund.
- Achtsame Körpermeditation: Zum Beispiel die mindfulnes based stress reduction (MBSR) gehört dazu. Körpergefühle werden wertfrei wahrgenommen und akzeptiert. Der Körper wird mit dem Geist systematisch abgescannt. Ziel ist eine Entspannung und vermindertes Leiden an Emotionen oder körperlichen Schmerzen. Um das Wahrnehmen der Stille geht es hier allerdings nicht. Durch die ständige Beschäftigung des Geistes auf die Körperempfindungen, sind mystische Erfahrungen eher unwahrscheinlich.
Zugegeben, Meditation kann sehr sinnvoll zum Beobachten des Geistes sein. Wenn wir erkennen, was dieser so die ganze Zeit tut, erkennen wir irgendwann auch, wann wir ihm nicht folgen wollen. Automatismen werden durch bewusste Entscheidungen, unbewusste Projektionen durch bewusstes Wahrnehmen ersetzt. Gezielte Meditation kann den Geist fokussieren oder weit werden lassen, um in bestimmte Bewusstseinszustände zu kommen. Das kann je nach Absicht in Ordnung sein. Diese Zielsetzungen bringen uns aber sehr leicht zu der Versuchung, dass wir eine bestimmte Erwartung haben, was am Ende der Meditation erreicht werden soll.
Was bringt einem denn nun das Nicht-Meditieren? Oftmals stehen uns Erwartungen und Ziele im Weg. Viel zu oft soll die Meditation zu etwas dienen. Häufig wird nach einem potentiellen Nutzen gesucht. Mit Meditation muss man doch etwas erreichen können, Entspannung, Stressresillienz, Erleuchtung, schöne Gefühle, Frieden, Gott erfahren oder dergleichen. Doch was, wenn der eigentliche Sinn der Meditation keiner ist?
Wieso ist es eigentlich so, dass wir uns nichts sehnlicher zu wünschen scheinen, als entspannt im Urlaub nichts zu tun? Wenn wir dies aber genau hier und jetzt zuhause haben können, kommt Abwehr dagegen hoch? Wie oft sagen Menschen, sie könnten nicht meditieren? Vermutlich stimmt es auch und das wäre doch ganz wunderbar, denn sie bräuchten gar nicht meditieren, sondern einfach nur sitzen. Das einzig schwere dabei ist, gleichzeitig regungslos und wach zu bleiben. Zu oft hat unser Körper den Automatismus gespeichert, dass Ruhe und Bewegungslosigkeit gleichzusetzen ist mit Schlaf. Das ist unsere einzige Herausforderung. Interessanterweise gelingt vielen Menschen aber dieser Zustand beim Fernsehen und sie bleiben aufmerksam und wach bei gleichzeitiger Regungslosigkeit. Fehlt uns aber etwas, was die Aufmerksamkeit lenkt und wach hält, wissen wir nichts damit anzufangen. Einfach nur da sitzen. Wozu soll das gut sein? Zunächst Mal ist es für nichts gut. Aber wäre das so tragisch? Wieviel sinnlose Dinge tun wir denn noch so über den Tag? Da wird ein bisschen Herumsitzen und Nichtstun doch möglich sein?
Also probiere doch mal aus, für 10 Minuten einfach nur dazusitzen. Lass dabei den Geist machen, was er will und spüre nur deinen Körper und das, was dich umgibt.
Wie ist es, einfach mal NICHT zu meditieren?
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